Informationsfreiheitsgesetz

Kurzinformation

05.11.2023: Informationsfreiheit sollte als oberstes Ziel haben das staatliche Handeln für alle Bürger*innen nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Diese Informationsfreiheit lässt in Österreich mittlerweile seit über 10 Jahren auf sich warten. Es ist an der Zeit hier dem steigenden Misstrauen gegenüber der Politik mit einem starken Gesetz für die Transparenz entgegenzuwirken.

Betreffend der Regierungsvorlage zum Informationsfreiheitsgesetz heben wir noch einmal unsere wichtigsten Kritikpunkte hervor die für dieses Ziel unumgänglich sind. Für eine ausführliche Analyse verweisen wir auf unsere parlamentarische Stellungnahme vom 2021-04-17 (124/SN-95/ME) (aus 2021).

Fehlende Transparenzbehörde

Es fehlt eine umfassende Transparenzbehörde! Es gibt lediglich ein Beratungsangebot der Datenschutzbehörde im Verfassungsrang (§15 Abs 1). Wir sprechen uns daher dafür aus, dass die Datenschutzbehörde entweder zu einer vollwertigen Transparenz- und Datenschutzbehörde ausgebaut oder eine unabhängige Transparenzbehörde geschaffen wird. Diese hilft einerseits informationspflichtigen Stellen bei der Durchführung (Schulungen, Prozessbetreuung, Klarstellungen, Normierungen und evaluierung digitaler Tools und Prozesse) als auch den Informationsbegehrenden (Ombudsstelle in der Transparenzbehörde).

Ewigkeitsklausel

Das Vetorecht der Länder erschwert zukünftige Verbesserungen am Zugang zu Informationen (Art 22a Abs 4 B-VG). Wir schlagen daher vor, lediglich die Grundsätze bundeseinheitlich zu regeln und die Ausgestaltung den Ländern zu überlassen. Besser zehn Gesetze die verbessert werden können, als eines für die Ewigkeit!

Umfang der Informationsbegriffe

Unserer Ansicht nach muss die Begriffsbestimmung klarstellen, dass sämtliche Dokumente, ebenso wie nicht dokumentierte Informationen, welche zu einem Sachverhalt von allgemeinem Interesse zuordenbar sind, von der Informationsfreiheit umfasst werden. Es ist nicht nachvollziehbar weshalb Verträge bis zu 100 000 Euro von der Veröffentlichung ausgenommen sind (§2 Abs 2). Zumindest die Veröffentlichung von Metadaten über Verträge von geringerem Wert wäre notwendig um die Nachvollziehbarkeit und Kontrolle des staatlichen Handelns zu gewährleisten.

Proaktive Veröffentlichung

Allgemeinfreie Lizenzierung fehlt

Die Veröffentlichung von Informationen von allgemeinem Interesse sollte nicht bloß gebührenfrei (§5 Abs 1) sondern möglichst unter allgemeinfreien Lizenzen erfolgen, so dass die Weiterverwendbarkeit der Informationen sichergestellt ist.

Überschießende Geheimhaltungsbestimmungen

Die Geheimhaltungsbestimmungen (§6 Abs 1) sind teilweise umfangreicher als die aktuellen Bestimmungen des Amtsgeheimnisses und der Auskunftspflicht. Insbesondere in folgenden Bereichen sehen wir Nachbesserungsbedarf:

  • Z2: Wir sehen eine umfassende Informationsfreiheit als notwendiges Werkzeug der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Rechtsstaat. “Nationale Sicherheit” als reinen Geheimhaltungsgrund zu deklarieren versteckt wichtige Nuancen und sollte präzisiert werden.
  • Z7 lit b: “[…]Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse[n]” sollten nur geschützt werden sofern sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen.
  • Z7 lit e: Weiterhin könnte die Veröffentlichung von Gutachten unter Berufung auf das geistige Eigentum der Gutachter*innen behindert werden.

Benachteiligung kleiner Gemeinden

Es ist nicht nachvollziehbar weshalb Bürger*innen von Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohner*innen beim Zugang zu Informationen von allgemeinem Interesse benachteiligt werden sollten (Art 22a Abs 1 B-VG bzw. §4 Abs 1). Dies erschwert nicht nur den Informationszugang für diese Bürger*innen, sondern führt in diesen Gemeinden außerdem zu einem höheren Aufkommen von Informationsbegehren, da ihre Bürger*innen diese Informationen einzeln erfragen müssen.

Informationsbegehren

Überlange Fristen

Die Frist von vier plus vier Wochen ist zu lang (§8). Eine Frist von einer Woche mit einer begründeten Verlängerung von drei Wochen wäre notwendig um zeitkritischen Recherchen gerecht zu werden. Es ist nicht klar weshalb der Gesetzgeber annehmen sollte, dass österreichische Behörden langsamer arbeiten als europäische Behörden, welche lediglich einer Frist von 15+15 Tagen unterliegen.

Inklusion

Es fehlt die Möglichkeit, dass Informationen in einfacher Sprache herausgeben werden müssen (§9 Abs 1&2). Dies wäre Behörden in jedem Fall zuzumuten und würde die Rechtszugänglichkeit von Behinderten erhöhen. Aktuell könnte dies mit Verweis auf den Aufwand oder bereits veröffentliche Texte abgelehnt werden. Der Zusatz in §9 Abs 2 “[…]sofern dies möglich und damit kein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden ist” schränkt diesen fairen Zugang unverhältnismäßig ein und ist daher aus unserer Sicht zu streichen.

Informations- und Internetfreiheit

Informationsfreiheitsgesetze sind nur in der Lage die Korruption zu reduzieren und die Verwaltungseffizienz zu steigern, wenn sie mit einer starken Medien- und Internetfreiheit einhergehen. Denn nur wenn staatliche Informationen von der Öffentlichkeit empfangen und aufgearbeitet werden können ist es möglich mit Transparenz den Staat zu kontrollieren. Ein erfolgreiches Informationsfreiheitsgesetz hat also mit dem Verbot von Netzsperren und Uploadfiltern sowie mit einem Grundrecht auf Internetzugang einherzugehen.