Messengerüberwachung ist ein Eigentor für die österreichische IT-Sicherheit

Zentrales Thema der ab Dienstag geplanten Regierungsklausur wird die Einführung einer Messengerüberwachung sein. Unklar ist zunächst noch, über welchen Weg die Regierung verschlüsselte Nachrichten aufbrechen will. Technikexpert*innen vermuten, dass dieser Zugriff über Spähsoftware erfolgen soll, die unter Ausnutzung von Sicherheitslücken auf die Endgeräte, wie Smartphones, Tablets oder Standcomputern kommt. “Die Messengerüberwachung mit Hilfe von Spähsoftware ist ein Eigentor für die österreichische IT-Sicherheit”, hält Bruno Tiefengraber vom Chaos Computer Club Wien fest “dadurch finanziert der Staat nicht nur einen Markt für Sicherheitslücken, er entwickelt darüber hinaus ein Interesse daran, dass ausgenutzte Sicherheitslücken offen bleiben und gefährdet damit kritische Infrastruktur”, so Tiefengraber weiter.

Anstatt neue Überwachungsmaßnahmen zu schaffen, verweisen Fachleute auf wirkungsvollere Alternativen zur Terrorismusprävention. So gelten Deradikalisierung, soziale Inklusion und Resozialisierung laut ihnen als wichtigste Bausteine, um Radikalisierung früh zu verhindern. “Terrorismus funktioniert wie ein Virus, wer dagegen immunisiert schützt langfristig die gesamte Gesellschaft”, führt Tiefengraber dazu plakativ aus. Auch aus kriminologischer Sicht bestehen bereits jetzt Möglichkeiten zur Auswertung beschlagnahmter Geräte oder zur verdeckten Ermittlung. “Für die gezielte Aufklärung braucht es keine neuen Werkzeuge. Vielmehr muss der bestehende Werkzeugkasten genutzt und mit sozialer Sicherheit ergänzt werden.”, fügt Tiefengraber hinzu.

Dass sich die Regierung den Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation zur Priorität macht, stößt bei Techniker*innen und Datenschützer*innen auf Unverständnis. Neben dem Einsatz von Spähsoftware stehen auch andere Modelle wie die verpflichtende Kooperation mit Messengerdiensten oder technische Schnittstellen zur Überwachung verschlüsselter Nachrichten im Raum. Expert*innen verweisen darauf, dass solche Maßnahmen bisher kaum praktische Wirkung entfalten konnten. Etwa weil Anbieter nicht kooperieren oder Verdächtige auf andere Dienste ausweichen.

Eine ausführliche Analyse der möglichen Messengerüberwachung findet sich in unserer Stellungnahme zum Gesetzentwurf 2024 und unserer Stellungnahme aus 2016

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